Grazer Startup Barometer 2020

Gründerinnen und Gründer aus der steirischen Landeshauptstadt trotzen der Corona-Krise mit einer positiven Grundeinstellung und unternehmerischem Handeln. Zu diesem Ergebnis kommt der Grazer Startup Barometer 2020, den die Kooperationsgemeinschaft aus Ideentriebwerk Graz, Up to Eleven, Zentrum für Entrepreneurship an der Karl-Franzens-Universität Graz, ZWI Graz und der Gründungsgarage nun veröffentlicht hat. 45% der befragten Startups arbeiten an konkreten Lösungen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise, einige erfahren durch die Krise sogar einen wirtschaftlichen Aufschwung.


Die jährliche Befragung der Grazer Gründungs-Szene zeigt, dass die Gründungsvoraussetzungen am Wirtschaftsstandort Graz sehr gut sind. Potenziale zur Verbesserung des Standortes Graz liegen besonders im verhältnismäßig geringen Risikokapital am Standort, der internationalen Vernetzung und der Sichtbarkeit als Gründerstadt.

TeilnehmerInnen

110

Bewertung Standort

5,10 (1 bis 7) 

Bewertung Finanzierung

3,83 (1 bis 7) 

Download Grazer Startup Barometer 2020

Der Grazer Startup Barometer ist die größte Befragung zu Startups und Unternehmertum am Wirtschaftsstandort Graz und fängt seit 2014 das Stimmungsbild der Grazer Startup-Szene ein. Im Zuge der repräsentativen Online-Umfrage gaben im Sommer 2020 110 GründerInnen und Gründungsinteressierte, MitarbeiterInnen von Startups, InvestorInnen und weitere Player der regionalen Gründerszene ihre Meinung zum Gründungsstandort ab. Sie äußerten dabei ihr Feedback unter anderem zum vorhandenen Förder- und Beratungsangebot, zur Infrastruktur oder dem MitarbeiterInnenpotenzial in Graz. Die Auswirkungen der Corona-Krise beleuchtete der Startup Barometer in diesem Jahr ausführlich.


Beachtenswert ist der Anteil der Startups, die positive Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf im Zuge der Corona-Krise erleben (30%) oder einen gleichbleibenden Geschäftsverlauf feststellen (31%). Erklären lässt sich dies vor allem durch den unternehmerischen Zugang der JunggründerInnen: 45% der Startups arbeiten bereits an konkreten Lösungen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise, weitere 19% planen dies in Zukunft. Nur 39 Prozent der Startups bemerken einen negativen Einfluss der aktuellen Corona-Krise und sehen sich in ihrer Geschäftstätigkeit stark beeinträchtigt.

Die Grazer Startups kommen derzeit noch gut mit der finanziellen Situation ihres Startups zurecht. 40% beurteilen die Situation als „gut“, 8% sogar als „sehr gut“. Nur 13% betrachten ihre wirtschaftliche Ausgangslage als „schlecht“ oder „kritisch“. Dies dürfte unter anderem auch an den Corona-Unterstützungsleistungen für Jungunternehmen liegen. Knapp die Hälfte der befragten Startups (46%) haben Angebote aus diversen Corona-Hilfspaketen in Anspruch genommen. Davon sagen 84%, dass die Hilfspakete ihnen wirklich geholfen haben. Mit der Abwicklung dieser Förderungen waren im Übrigen 59% zufrieden oder sehr zufrieden.

Obwohl Startups von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise hart getroffen werden, zeigen sich die Startups optimistisch: Sie planen, in den kommenden zwölf Monaten im Schnitt mehr als zwei neue Mitarbeitende (2,49) einzustellen. 62% der GründerInnen sind zuversichtlich, in den kommenden drei Jahren ihren Umsatz mehr als zu verdoppeln. 83% wollen ihren Umsatz zumindest um 50% steigern. Insgesamt planen 65% der Startups eine Finanzierungsrunde in den nächsten 12 Monaten.


Bei der Frage zur Gesamtbeurteilung des Gründungsstandortes schneidet Graz mit einer Bewertung von 5,10 im Jahr 2020 geringfügig schlechter ab als noch 2019 (5,21 auf einer Skala von 1 bis 7). Dieser Wert bildet dennoch den zweithöchsten Wert seit Befragungsbeginn im Jahr 2014 (damals: 3,94).  Diese hohe Bewertung der Standortbedingungen zeigt nach wie vor die Rolle von Graz als einer der Startup-Hotspots in Österreich.

Corona wirkt sich ebenso auf die Bewertung der weiteren Standortfaktoren für Gründungen in Graz aus, wenn auch nicht so stark wie erwartet. Beinahe alle Werte in der Bewertung des Gründungsstandortes Graz haben sich im Vergleich zu 2019 leicht verschlechtert bzw. stagnieren. Jedoch sind diese jeweils deutlich besser als der Vergleichszeitraum der ersten Erhebung dieser Werte im Jahr 2016.

  • Büro-Infrastruktur: 4,80 (war 2019: 4,95 | war 2016: 4,23)
  • Startup-Events: 5,31 (war 2019: 4,60 | war 2016: 4,96)
  • Beratungsangebot: 4,99 (war 2019: 5,13 | war 2016: 4,27)
  • Förderungsangebot: 4,55 (war 2019: 4,72 | war 2016: 3,73)

Eine deutliche Verbesserung bringt die Bewertung des qualifizierten Fachpersonals am Gründungsstandort Graz hervor. Hier hat sich der Wert von 4,80 im Vorjahr auf nun 4,95 verbessert (war 2016: 4,32), was darauf hinweist, dass etablierte Unternehmen in der Coronakrise hochqualifizierte MitarbeiterInnen ziehen lassen mussten, die nun dem Arbeitsmarkt und innovativen Projekten wieder zur Verfügung stehen.


Der Grazer Startup Barometer 2020 offenbart auch wieder die Vor- und Nachteile des Gründungsstandortes für UnternehmerInnen. Als Nachteile am Gründungsstandort Graz sehen die befragten Szene-TeilnehmerInnen unter anderem die Internationalität des Standortes – sowohl in punkto Vernetzung als auch hinsichtlich der Sichtbarkeit –, die Verkehrsanbindung sowie das mangelnde Risikokapital durch Investoren. Als Standortvorteile von Graz wurden wie bereits in den Vorjahren die hohe Qualität der Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor Ort, das hohe Potenzial an qualifizierten MitarbeiterInnen und die aktive Gründungsszene angeführt. Ebenso wurde vermehrt das umfangreiche Beratungs- und Förderungsangebot am Standort genannt.


Hinsichtlich der Finanzierung ihrer Startup-Projekte werden die Gründerinnen und Gründer in Graz trotz der herausfordernden Ausgangslage etwas zuversichtlicher. Mit einem durchschnittlichen Rating von 3,83 (Skala von 1 bis 7) bewertet die Community die Finanzierungssituation für Grazer Startups leicht besser als im Vorjahr (3,78), aber jedenfalls besser als 2014 (2,57).

Nach wie vor groß ist der Wunsch nach verbessertem Zugang zu Risikokapital, wenngleich sich die Finanzierung über Business Angels deutlich verbessert hat. 21% der befragten Startups finanzierten ihre Projekte bisher über diese Finanzierungsmöglichkeit (war 2019: 12%). Finanzierung aus eigenen Mitteln bleibt bei Startups in Graz jedoch das Mittel der Wahl. 76% der Befragten bringen eigene Ersparnisse, Geld von Familie und Freunden oder selbst erwirtschaftetes Geld (Bootstrapping) ins Startup ein.


Weitere spannende Fakten zu Grazer Startups
  • 57% der Befragten sind zwischen 26 und 35 Jahre alt. Der Großteil der Befragten (83%) besitzt akademische Bildung.
  • Die Selbstverwirklichung (52%) und die geniale Idee (19%) sind die Treiber für Unternehmensgründung. Hohes Einkommen sowie wirtschaftliche Notwendigkeit wurden als Motive für die Unternehmensgründung gar nicht genannt.
  • Nach wie vor verbesserungswürdig ist der Anteil an Frauen in Gründungen: Noch sind 54% der Startup-Teams zum Zeitpunkt der Gründung rein männlich, nach der Gründung verringert sich dieser Wert auf 37%. Immerhin finden 38% der Solo-Gründungen durch Frauen statt, dieser Wert steigt seit Jahren.
  • Am häufigsten wurden bzw. werden Startups zu zweit gegründet (37%). 27% der befragten Personen waren Solo-GründerInnen.
  • Die Startup-Teams wachsen nach der Gründung zudem stark. Zum Befragungszeitpunkt bestanden 40% der Startup-Teams bereits aus fünf oder mehr MitarbeiterInnen.
  • Betrachtet man die Grazer Startup-Szene hinsichtlich der Branchenverteilung, so ist ein Großteil der befragten Startup-Teams des Grazer Startup Barometer 2020 den Branchen (Online-)Handel (25%), IKT & Softwareentwicklung (23%), Dienstleistung (21%), Energie- und Umwelttechnik (7%) und industrielle Technologie/Produktion (7%) zuzuordnen.

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Partner

Der Grazer Startup Barometer 2020 wurde durchgeführt in Kooperation von:

2020 wird uns vermutlich immer in Erinnerung bleiben. Die letzten großen Krisen der Weltwirtschaft haben viele der heute global führenden Unternehmen entstehen lassen oder ihre Geschäftsmodelle befeuert. Ich bin Optimist und sehe die Ergebnisse des Grazer Startup Barometers 2020 mit einer gewissen Zuversicht. Warum sollen nach dieser Krise nicht höchst erfolgreiche Unternehmen in Graz entstehen? Der entsprechende Nährboden dafür ist in Graz jedenfalls gelegt.

Dr. Matthias Ruhri
Präsident Gründungsgarage | Co-Founder & Managing Partner Probando

Obwohl der ‘Zwang’ zur digitalen Kommunikation und die steigende Dominanz digital basierter Geschäftsmodelle Startups entgegenkommt, besteht aktuell eine große Herausforderung beim Anbahnen von Erstkontakten in den Bereichen Finanzierung und strategischen Partnerschaften.

Mag. Bernhard Weber
Geschäftsführer ZWI Graz - Zentrum für Wissens- und Innovationstransfer

Die Corona-Krise zeigt, dass man großen Herausforderungen mit Mut und unternehmerischem Handeln entgegentreten kann. Ich bin daher zuversichtlich, dass innovative Ideen in Graz weiterhin Aufwind haben.

Werner Sammer, BSc. MSc.
Corporate Marketing Up to Eleven | Co-Founder Ideentriebwerk Graz

Es ist erfreulich, dass die Startups relativ positiv durch das Jahr 2020 gekommen sind. Die Agilität, der Einfallsreichtum und eine positive unternehmerische Grundstimmung waren hierbei sicher zentrale Faktoren. Die jungen UnternehmerInnen konnten zeigen, dass sie ein wichtiger Baustein der Gesellschaft sind und auch zukünftig bleiben werden.

Dr. Remo Taferner
Entrepreneurship & Startups @ Zentrum für Entrepreneurship der Universität Graz

Dieses Jahr hat gezeigt, wie anpassbar Startups in einer Krise sind. Wir konnten beobachten, wie sehr sich Startups gegenseitig unterstützen und sich tapfer schlagen. Auch wir mussten unsere Veranstaltungen adaptieren und entwickelten neue Onlineformate. Diese werden von der Community bisher gut angenommen.

Julia Leitinger
Präsidentin Ideentriebwerk Graz

Die Grazer Gründerszene hat grundsätzlich die besten Voraussetzungen, um gut florieren zu können. Die Zusammenarbeit zwischen den Konzernen und den Forschungseinrichtungen ist hervorragend und sogar europaweit als Best Practice-Beispiel bekannt. Schwierigkeiten bereitet jedoch der Umstand, dass Startups aufgrund der teilweise üppigen staatlichen Förderungen nicht schnell genug in Richtung Markt gehen. Gemeint ist damit der Markt der privaten Investoren als auch der Markt der Nutzer. So verlieren sie im internationalen Wettbewerb oft wertvolle Zeit und auch wertvolles Nutzer- und Investoren-Feedback. Ein klassisches Tesla-Edison-Problem.

Renée Wagner
Managing Director Plug and Play Austria GmbH
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