Die Grazer Startup-Szene blickt 2024 optimistischer in die Zukunft und nimmt internationale Expansion und Mitarbeiter:innenwachstum wieder stärker ins Visier. Die zurückhaltende Investmentbereitschaft in Grazer Startups führt zu einer höheren Anpassungsfähigkeit. Die Umfrage zum Grazer Startup Barometer 2024 zeigt auch: Um die Innovationsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Graz langfristig zu sichern, ist eine gemeinsame Offensive von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft notwendig.
Bewertung Standort
5,43 (1 bis 7)
Bewertung Finanzierung
4,07 (1 bis 7)
Teilnehmer:Innen
111
Der Grazer Startup Barometer ist die größte Umfrage zur Entwicklung des Innovations- und Startup-Standortes Graz. Seit 2014 zeichnet die Umfrage von Ideentriebwerk, Zentrum für Entrepreneurship der Universität Graz, Unicorn Startup & Innovation Hub und Gründungsgarage ein aktuelles Bild der Stimmungslage in der Startup-Szene.
Lichtblick am Horizont, Gründungsstandort Graz von Szene positiv bewertet
Die Stimmung in der Grazer Gründerszene scheint sich trotz der Wirtschaftsflaute und eingetrübten Zukunftsaussichten im Jahr 2024 wieder etwas aufzulockern. Der Grazer Startup Barometer 2024 zeigt eine verbesserte Bewertung des Gründungsstandortes von 5,43 (von 7) Punkten, der höchste Wert seit Umfragestart 2014, und steigt seit Ende der Corona-Krise wieder stetig an.
Die einzelnen Standortfaktoren wie Vernetzungsmöglichkeiten (5,31), Beratungsangebot (5,25), Förderungsangebot (4,92), Büroinfrastruktur (5,08) und Startup-Events (5,21) werden durch die Teilnehmenden positiver als im Vorjahr bewertet. Einzig das Potenzial an qualifizierten Fachkräfte sinkt leicht – auf hohem Niveau – auf unter 5 Punkte (4,95).
Zwei Aspekte, die 2024 erstmals erfragt wurden, zeigen wiederum eher niedrige Werte. Grazer Gründer:innen bewerten das bestehende Kinderbetreuungsangebot, um Gründung und Familie in Einklang zu bringen, mit nur 3,78 von 7 Punkten, womit deutliches Verbesserungspotenzial in diesem Bereich zutage tritt. Der Einfluss des kulturellen Angebots in Graz auf innovative Ideen und kreative Ansätze wird mit 4,34 bewertet.
Gründer:innen passen Wachstumsstrategie an
Dem entgegenstehend stagniert die Finanzierungslage für Gründungsprojekte. Diese wurde aus Sicht der Szene mit durchschnittlich 4,07 bewertet. Das kühle Investitionsklima ist somit noch allgegenwärtig. Die Grazer Gründer:innen passen ihre Strategien jedoch an die neuen Gegebenheiten an. Für Grazer Startups rücken 2024 daher das Umsatzwachstum (62%) und stärker als noch zuletzt die Profitabilität (44%) als Unternehmensziele für das nächste Jahr in den Fokus.
Dadurch verschieben sich auch bei der Art der Finanzierung die Relationen: Während noch immer eigene Ersparnisse bei Grazer Startups präferiert werden (74%), wird die Finanzierung aus dem eigenen Cash Flow, also aus dem laufenden Geschäft heraus, wesentlich bedeutsamer (59%, +25% zum Vorjahr). Gleichzeitig sind Liquidität (32%) und Umsatzwachstum (28%) die zentralen Herausforderungen der lokalen Startups. Nur Vertrieb und Kund:innenakquise werden als herausfordernder betrachtet (66%).
Die neuen Wachstumsstrategien äußern sich auch in einem mutigeren Auftreten. 40% der Gründer:innen trauen sich in den kommenden drei Jahren ein sehr schnelles Wachstum (über 100% Wachstum) zu. Internationalisierung (28%, +15% zum Vorjahr) und Mitarbeiter:innenwachstum (22%, +13% zum Vorjahr) nehmen wieder deutlich mehr Bedeutung bei den Grazer Junggründer:innen ein. Aktuell werden Startup-Teams mit durchschnittlich 3,50 Mitarbeiter:innen neben dem Gründungsteam noch eher kompakt gehalten. Konkret planen jedoch 76% der Startups Neueinstellungen im kommenden Jahr. Dieser Wert ist damit deutlich höher als noch 2023 (65 %).
Die größten Einschnitte bei einer lahmenden Konjunktur müssen die Startups in der Wachstumsphase (älter als 3 Jahre) ertragen. Diese Startups leiden besonders unter rückläufigen Finanzierungen durch Business Angels (nur 10%) und Venture Capital (8%). Knapp die Hälfte der Wachstums-Startups planen derzeit eine Finanzierungsrunde in den nächsten 12 Monaten. Die geplanten Summen im Falle einer Finanzierung sind aber sehr hoch. 33 % möchten mehr als 1 Million Euro an Kapital einsammeln.
Startup-Standort Graz: Ein Erfolgsmodell
Bei den Standortvorteilen zählen gerade die Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor allem mit Blick auf hochqualifizierte Fachkräfte, Know-how und Wettbewerbsfähigkeit bei innovativen Technologien eine zentrale Rolle. Zudem werden die aktive Grazer Startup-Szene, das starke Ökosystem, viele Unterstützungsangebote und die Größe der Stadt als wichtige Standortfaktoren gesehen. Zugleich gibt es in einigen Bereichen noch Aufholbedarf. Als Nachteile des Gründungsstandorts Graz werden vor allem der Zugang zu Finanzierung, die Internationalität des Standortes und die überregionale Sichtbarkeit als Startup-Stadt genannt.
Die Ergebnisse des Grazer Startup Barometer 2024 zeigen, dass die steirische Landeshauptstadt einer der besten Startup-Standorte Österreichs ist. Die Voraussetzungen am Standort zur Gründung innovativer Unternehmen könnten kaum besser sein. Ein Ausruhen auf diesen Lorbeeren wäre jedoch fatal: Im ökonomischen Wettbewerb um die weltweite Vormachtstellung zwischen den USA und China geraten europäische Unternehmen zunehmend unter Druck. Daher ist es umso wichtiger, gemeinsame Offensiven von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu initiieren, die die Innovationsfähigkeit der Startups und des gesamten Wirtschaftsstandortes Graz langfristig sichern.
Weitere spannende Fakten aus dem Grazer Startup Barometer 2024
- 54% der Startup-Gründer:innen sind zwischen 26 und 35 Jahre alt.
- 48% der befragten Startups sind in der Branche IT & Softwareentwicklung tätig. Graz ist weiter durch Startups in den Bereichen Dienstleistung (31%), Energie und Mobilität (25%), Industrie (13%) und Hardware/Elektronik (11%) geprägt.
- Startup-Gründer:innen in Graz sind zum Großteil Akademiker:innen mit einem Bachelor- (19%), Master- (53%) oder Doktoratsabschluss (20%).
- Die Startups sammeln meist Kapital bis zu 500.000 Euro ein (65 %). Der Anteil der Finanzierungen über 500.000 € stiegen zuletzt stetig.
(2023: 32 %, 2022: 25 %). - Als Motivation zur Unternehmensgründung gelten für die befragten Personen die Selbstverwirklichung (57%) und die geniale Idee (21%).
- 19% der Grazer Gründungsteams Gründungen haben mindestens eine Gründerin im Gründungsteam. Dieser Wert ist in den letzten drei Jahren stets leicht gesunken.